Sprechstunde #6:
Wie streitest Du?

Du glaubst, ich kann gut streiten? Wir könnens ja mal ausprobieren.

Ich streite sehr unterschiedlich.

Ich streite sehr selten – und nur mit Menschen, bei denen ich mich sehr sicher fühle. In Liebesbeziehungen und in der Familie etwa. Doch innerhalb der Familie ist auch schwierig, das ist oft auch zu instabil.

Ich streite passiv-aggressiv.

Ich streite nur, wenn ich weiss, dass nichts kaputt geht.

Das sind alkoholfreie Shots? Sehr gut, denn dann muss ich keine Ausnahme machen wie am Samstag – und vermeide auch einen inneren Streit. Wobei: Kann man mit sich selber streiten? Vielleicht ist das dann eher ein Ringen. Aber das ist auch eine Sportart.

Es gäbe viele Anlässe, Streit zu suchen, aber ich ziehe mich oft zurück, weil ich merke: ich bin nicht ready. Und vielleicht analysiert man dann ein paar Tage später, warum es fast zum Streit gekommen ist. Aber dann hat es sich bereits wieder eingerenkt.

Grundsätzlich finde ich Streit etwas Gutes, ich streite gern. Aber man macht sich auch recht verletzlich, man exponiert sich auch.

Ich bin sehr schlecht im Streiten. Ich möchte es besser können, und auch einmal direkt sagen: hey, das geht überhaupt nicht. Ich nehme dann eher Umwege. Oder ich entschuldige mich für Sachen, für die ich mich eigentlich nicht entschuldigen sollte, sondern eigentlich hätte ich einen Streit anzetteln sollen. Das ist nicht unbedingt gesund.

Ich hatte lange Zeit ein problematisches Streitverhalten. Also nicht gerade mit physischer Gewalt, aber ich habe mich häufig unnötig in etwas hineingesteigert. Aber das ist nun besser geworden.

Ich merke oft gar nicht, wenn ich im Unrecht bin, und ich eigentlich streiten sollte. Oder weisst du, wenn der Moment da wäre zum Streiten?

Manchmal habe ich des Friedens Willen nichts gesagt. Jetzt suche ich immer öfter den Widerspruch, und nehme einen Zwist oder schlechte Stimmungen und auch Verletzungen in Kauf. Wenn ich das nicht mache, bleibe ich auf der Strecke.

Es dreht sich unglaublich viel um die Familie. Dort lernt man doch, ob man streitet – oder nicht streitet. Diese Familienkultur prägt einen doch, küchentischpsychologisch gesagt.

Am richtigen Punkt zu streiten ist ja auch easy, bzw. innerhalb gewissen Grenzen. Aber manchmal ist Streit auch einfach lächerlich.

Streit ist für mich etwas, das bereits eskaliert ist. Wenn man ständig mit allen Streit hat und den Streit sucht, ist das ein Problem. Keine Familie, keine Beziehung, keine Freundschaft erträgt allzu viel Streit.

Gestern suchte jemand Streit mit mir wegen einer Kleinigkeit. Einfach so. Und wir blieben in dieser Situation stecken.

Im öffentlichen Raum gibt es ja oft Streit, wenn diese Rücksichten auf Familie und Beziehungen nicht im Zentrum stehen. Dort kann man Leute einfacher anfeilen. Beispielsweise im Bus, wenn sich jemand allzu sehr ausbreitet. Natürlich wirkt das dann unverhältnismässig, wenn du jemanden «Arschloch» nennst, aber weil dir die Person egal ist, und es auch um Frustabbau geht, kann man dort einfacher einen Streit beginnen.

Haben Onlineforen eigentlich auch etwas mit Streitverhalten zu tun? Vielleicht kann man das dann gar nicht mehr streiten nennen, weil man kein Gegenüber hat, sondern es ist einfach Ventil, um die Frustration loszulassen. Vielleicht müsste man Streit auch erst in einigen Punkten definieren.

Streiten kann man sich nur zu zweit. Mindestens.

Es braucht einen Konflikt. Eine Uneinigkeit.

Wenn ich einem möglichen Konflikt aus dem Weg gehe, indem ich weglaufe und die andere Person einfach ignoriere, provoziert das die andere Person vielleicht so stark, dass aus dem Versuch des Anfeilens ein richtiger Streit entsteht.

Es ist sehr abhängig von der Person, mit der man streitet. Es gibt Personen, von denen ich weiss, sie haben immer recht. Dann wird es nicht lustig. Bei einigen gibt es aber auch eine freundschaftliche und keine feindselige Dynamik.

Streit ist eine Sache, der ich nicht aus dem Weg gehe.

Indem ich sage, ich habe immer recht. Aber das meine ich nun ironisch.

Wie wäre es mit einem verbalen «Fight Club»? Vielleicht müsste man das Bällelibad nächstes Jahr mit einem Boxring ersetzen.