Wir sind gerade erst hier in Bern angekommen, gingen direkt zum Soundcheck. Zum Glück war die Reise aus Freiburg (im Breisgau) kurz, denn der Beginn der Tour war sehr intensiv – mit Konzerten in Berlin, dann Amsterdam, Paris und London. Wir reisten jeweils neun Stunden pro Tag, es war verrückt. Aber die Tour verläuft bislang toll, mit ausverkauften Konzerten in diesen grossen Städten, das habe ich so noch nie erlebt.
Mit dem Album «Adagio» begann ich im Sommer 2019, also kurz vor Covid. Auf einer langen Schiffsreise zur griechischen Insel Anafi kam mir eine Melodie in den Sinn, die später zum Song «Omorfo Mou» wurde. Die Melodie hat anatolische Einflüsse – während Covid hörte ich sehr viel griechische Musik aus den 50ern, 60ern, und 70ern – es ist nun mein erstes Lied, das ich auf Griechisch singe.
Ich ging die Arbeit am Album langsam an, denn es gab ja nicht viel zu tun, ausser im Studio zu arbeiten. Aber das ist das, was wir alle während dieser Zeit durchgemacht haben: man war viel zu Hause und hat Sachen gemacht, die man eigentlich nicht machen würde. Während dieser Zeit hatte ich ein Gefühl des Friedens, der Wärme in mir.
Die Inspiration zum Song «Adagio» war das Lied «I Attend» von Jenny Vanou, eine sehr berühmte griechische Sängerin. Irgendwann hat sie versucht, auf Französisch zu singen, sie nahm dann zwei französische Songs auf, aber nicht viele Leute wissen das. Und darunter ist dieses «I Attend», dieses «ich warte auf dich». Ich mag die Stimmung des Songs wirklich, es ist super chill und super… ich weiss auch nicht genau.
In «Adagio» besinge ich das Konzept der Langsamkeit, so, wie ich es mag. Ich hatte während den Aufnahmen auch Sade im Kopf, kennst du sie? Ich bin ein grosser Fan. Und ich glaube: «Adagio» ist ein sehr intimes Album für mich.
Das erste Σtella-Album war noch klar Electropop, wenn man es zuordnen möchte.
Das ist jetzt zehn Jahre her, damals war ich ein anderer Mensch. Meine Ohren waren damals auf einen bestimmten Sound eingestellt. Aber das ändert sich mit den Jahren, wie man sich ja auch als Mensch verändert. Damals hätte ich mir sicherlich keine griechische Musik aus den 50ern und 60ern angehört…
Aber ich glaube, ich bewege mich allmählich hin zu einem einfacheren Sound. Meine Songs werden geräumiger, es hat weniger Elemente, weniger Schlagzeug und mehr Perkussion, das gibt auch mehr Platz für die Stimme.
Ich bin eigentlich ein sehr sehr schüchterner Mensch. Nie hätte ich mir gedacht, dass ich eines Tages auf der Bühne vor Leuten singen würde. Als ich 23- oder 25-Jährig war, habe ich manchmal in Bands gespielt, ich habe auch gerne gesungen. Aber jedes Mal, wenn die Bandkolleg:innen zu mir sagten: «Okay, lass uns eine Show spielen», habe ich geantwortet: «Nein nein nein! Wir können zwar proben, aber ich spiele nicht vor Menschen». Ich habe also ein merkwürdiges Verhältnis dazu, mich vor einem Publikum zu exponieren. Auch heute mag ich es zunächst nicht wirklich, zu Beginn jeder Show bin ich immer noch nervös und ich brauche dann immer die ersten Minuten eines Konzerts, um das zu überwinden.
Zwei meiner Ängste aus der Kindheit waren: zu fliegen und vor Menschen zu singen, und jetzt mache ich beides, haha. Ich kämpfe also wirklich gegen meine Ängste an…
Eine Arbeitsroutine habe ich nicht – wenn ich im Studio bin und ein Instrument vor mir habe oder die Gitarre in die Hand nehme und beginne, etwas zu spielen und mir das auch gefällt: dann könnte daraus ein Song werden. Ich habe Phasen, in denen ich nicht viel schreibe, vor allem, weil ich auch alle Administrationsarbeiten selber mache – ich bin meine eigene Managerin und das nimmt jede Menge Zeit in Anspruch.
Doch auch ohne Arbeitsroutinen gibt es in gewisser Weise Elemente, die sich durch das ganze Album durchziehen. Da ist die Perkussion, die ich gegenüber einem kompletten Drumset bevorzugt habe. Und ich wollte Gitarren mit Nylonsaiten. Aber damit hat es sich auch schon.
Ich hätte nie gedacht, dass ich, als Griechin, an einen Punkt gelange, an dem ich bei Sub Pop unterschreiben kann. Das ist für mich wie ein Traum. Ich bin mit Nirvana und all diesen Sub-Pop-Bands aufgewachsen, und das Label gibt mir definitiv einen grossen Schub, denn es ist eines der grössten Indie-Labels, ist super organisiert und hat auch einen Vertrieb. Denn ich habe viel durchgemacht…
Meine ersten Alben wurden auf einem griechischen Indie-Label veröffentlicht. Nur Griech:innen kennen dieses Label. Mein drittes Album ist dann auf Arbutus Records aus Montreal erschienen, ein grossartiges Label – Grimes hat bei diesem Label begonnen, aber trotzdem ist es ein ziemlich kleines Label. Als ich dann bei Sub Pop unterschrieben habe, machte es wie bumm – und meine Verkaufs- und Streamingzahlen stiegen stark an. Das ist es, was dir ein grosses Label geben kann.
Auf «Adagio» singe ich nun zwei Songs auf griechisch – «Ta Vimata», ein Song von Litsa Sakellariou, und «Omorfo Mou», also jenes Stück, mit dem ich die Arbeit an «Adagio» begonnen habe. Ich hätte nicht erwartet, dass es mir je Spass machen würde, in meiner Muttersprachezu singen, ich hatte auch Angst davor. Denn wenn ich etwas auf Griechisch singe, hat das ein anderes Gewicht, es wirkt ernster. Englisch ist leicht und weich. Wenn ich «I love you» singe, ist das okay. Aber wenn ich es auf Griechisch sage, frage ich mich gleich: «Habe ich das jetzt wirklich eben gesagt?»
Ich weiss nicht, ob ich es erneut machen werde oder ob es bei diesen zwei griechischen Songs bleiben wird. Es war wie ein Test, aber ich geniesse diesen Test.
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