Reset, die Nachrichtenfeeds minus den Fussballresultaten ausschalten, und noch einmal wegfahren.
Reset, und so froh sein, als wäre 2007. Damals hat Noah Lennox sein Panda-Bear-Album «Person Pitch» veröffentlicht, mit all den happy gepitchten und gefundenen Samples, all den Dub-Verdrehungen und sweeten Songs, die ihre Echos auf der neuen Duoplatte «Reset» mit Sonic Boom hinterlassen hat. Die beiden stellen es in Utrecht am Festival Le Guess Who? platzhalterisch vor, weil das Touren in der Gegenwart selbst für eine Band wie das Animal Collective, das die Europatour abgesagt hat, finanziell viel zu riskant geworden ist.
Abgesehen von diesem Ausfall: Am Le Guess Who? scheint es keine Ticket- und Musikindustrie- und Pandemie- und Energiekrisen zu geben, aber angesichts der doch eher älteren Besucherschaft könnte die Frage, wie das Festival ein jüngeres, auch durchmischteres Publikum ansprechen kann, bald einmal auftauchen.
Bis es soweit ist: besser mal Rolltreppen fahren im Mall-mässigen Tivoli mit all den super ausgestatteten Sälen, und Stockwerke sammeln, 35, 36, 42 oder 48 pro Tag, sagt die Vermessungsapp. Also los zu Gnod mit Doppeldrums und heavy Gitarren, zu The Bug mit MCs und den heavy Bässen, zu clipping. mit dem atemraubenden Set des Festivals, zu Slauson Malone 1 und seiner grossen «Vergangenheitsbewältigung», zur fantastischen Cate Le Bon und ihren bestaunenswerten Songs und der Frage: «where do you run when you’re like a child?».
Es zieht auch immer wieder hin zu jenen Bands und Künstler:innen, die von Curl eingeladen wurden, weil für diese Musik und Performances bin ich da. Kurz zum unvollständigen Durchzählen:
Allzu vieles bleibt aber in den vier Tagen angeschnitten, weil die Bewegung bleibt, das Riesenprogramm macht mich zu ungeduldig. Ist es anderswo besser, lohnender – auf die Gefahr hin, nirgends reinzufinden? Oder ist sowieso alles too much hier, die vielen Leute am Samstag, die Riesenauswahl an Möglichkeiten, die in einigen Programmstunden auch an ein sehr gewöhnliches Festival erinnert? Zumal das Tivoli Sehnsüchte nach einfacherer, weniger glänzender Infrastruktur weckt.
Diese Sehnsüchte: sie werden gestillt mit den Club-Aussenposten De Helling oder Ekko, vor allem aber dank dem Festival-DIY-Tagestreffpunkt im Kapitaal mit Programm-Gastgeber Julian Brimmers. Alles ist da, was es braucht: Es werden T-Shirts und Plakate gedruckt, es gibt DJ- und Live-Sets – angekündigt wie der zweite Festivalauftritt von Leoni Leoni und den heavy-cuten Dreamcrusher oder auch sehr spontan wie die Erscheinung von Zebra Katz –, es gibt Talks und Dosenbier und Pizza im Parterre. Kurz, es ist alles, was ich mir wünsche.
Good times also, auch bei Panda Bear und Sonic Boom mit ihren nostalgisierenden Drogen-Pop-Vignetten, und dem ewigen Lieblingssong «Bros», der so alt wie dieses Festival ist. Ein paar Dinge: sie bleiben für immer. Trotz diesem Reset.
splatz.space-Relektüre mit Le-Guess-Who?-Musiker:innen
Das nächste Le Guess Who? findet vom 9. bis 12. November statt. Und Utrecht als Stadt lohnt sich sehr.
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